Adjunktion (Kategorientheorie)

Adjunktion ist ein Begriff aus dem mathematischen Teilgebiet der Kategorientheorie. Zwei Funktoren F : C D {\displaystyle F:{\mathcal {C}}\rightarrow {\mathcal {D}}} und G : D C {\displaystyle G:{\mathcal {D}}\rightarrow {\mathcal {C}}} zwischen Kategorien C {\displaystyle {\mathcal {C}}} und D {\displaystyle {\mathcal {D}}} heißen adjungiert, wenn sie eine gewisse Beziehung zwischen Morphismenmengen vermitteln. Dieser Begriff wurde von D. M. Kan eingeführt.[1]

Definition

Zwei Funktoren F : C D {\displaystyle F\colon {\mathcal {C}}\rightarrow {\mathcal {D}}} und G : D C {\displaystyle G\colon {\mathcal {D}}\rightarrow {\mathcal {C}}} zwischen Kategorien C {\displaystyle {\mathcal {C}}} und D {\displaystyle {\mathcal {D}}} bilden ein adjungiertes Funktorpaar, wenn die Funktoren

( X , Y ) Mor D ( X , F Y ) {\displaystyle (X,Y)\mapsto \operatorname {Mor} _{\mathcal {D}}(X,FY)}

und

In diesem Diagramm ist G {\displaystyle G} linksadjungiert zu F {\displaystyle F} .
( X , Y ) Mor C ( G X , Y ) {\displaystyle (X,Y)\mapsto \operatorname {Mor} _{\mathcal {C}}(GX,Y)}

von D op × C {\displaystyle {\mathcal {D}}^{\operatorname {op} }\times {\mathcal {C}}} in die Kategorie der Mengen Set natürlich äquivalent sind. (Zusammen mit den beiden Kategorien und den beiden Funktoren bildet die natürliche Äquivalenz eine Adjunktion.)

F {\displaystyle F} heißt rechtsadjungiert zu G {\displaystyle G} , G {\displaystyle G} heißt linksadjungiert zu F {\displaystyle F} .[2][3] Man schreibt dies kurz als G F {\displaystyle G\dashv F} oder F G {\displaystyle F\vdash G} , das Turnstile-Symbol zeigt auf den linksadjungierten Funktor. In Diagrammen wird dieses Symbol ebenfalls zur Kennzeichnung einer Adjunktionsbeziehung verwendet.

Einheit und Koeinheit der Adjunktion

Ist t {\displaystyle t} die natürliche Äquivalenz Mor D ( 1 , F ( 2 ) ) Mor C ( G ( 1 ) , 2 ) {\displaystyle \operatorname {Mor} _{\mathcal {D}}(\cdot _{1},F(\cdot _{2}))\to \operatorname {Mor} _{\mathcal {C}}(G(\cdot _{1}),\cdot _{2})} , so heißen die natürlichen Transformationen

η : id D F G {\displaystyle \eta \colon \operatorname {id} _{\mathcal {D}}\to FG}
X t ( X , G X ) 1 ( id G X ) {\displaystyle X\mapsto t_{(X,GX)}^{-1}(\operatorname {id} _{GX})}

und

ε : G F id C {\displaystyle \varepsilon \colon GF\to \operatorname {id} _{\mathcal {C}}}
Y t ( F Y , Y ) ( id F Y ) {\displaystyle Y\mapsto t_{(FY,Y)}(\operatorname {id} _{FY})}

Einheit bzw. Koeinheit der Adjunktion.

Einheit und Koeinheit haben die Eigenschaft, dass die beiden induzierten Transformationen

G G F G G {\displaystyle G\rightarrow GFG\rightarrow G}    und    F F G F F {\displaystyle F\rightarrow FGF\rightarrow F}

jeweils die Identität ergeben. Genauer sollen folgende Diagramme kommutativ sein:

Dabei sind 1 G {\displaystyle 1_{G}} und 1 F {\displaystyle 1_{F}} die identischen Transformationen und die natürlichen Transformationen G η , ε G , η F , F ε {\displaystyle G\eta ,\varepsilon G,\eta F,F\varepsilon } sind definiert durch ( G η ) X := G ( η X ) , ( ε G ) X := ε G ( X ) , ( η F ) Y := η F ( Y ) , ( F ε ) Y := F ( ε Y ) {\displaystyle (G\eta )_{X}:=G(\eta _{X}),(\varepsilon G)_{X}:=\varepsilon _{G(X)},(\eta F)_{Y}:=\eta _{F(Y)},(F\varepsilon )_{Y}:=F(\varepsilon _{Y})} für Objekte X {\displaystyle X} aus D {\displaystyle {\mathcal {D}}} und Y {\displaystyle Y} aus C {\displaystyle {\mathcal {C}}} . Wegen der Form dieser kommutativen Diagramme nennt man die Beziehungen 1 G = ε G G η {\displaystyle 1_{G}=\varepsilon G\circ G\eta } und 1 F = F ε η F {\displaystyle 1_{F}=F\varepsilon \circ \eta F} auch die Dreiecksgleichungen.[4]

Umgekehrt kann man zeigen, dass zwei derartige natürliche Transformationen, die diese Dreiecksgleichungen erfüllen, eine Adjunktion bestimmen, deren Einheit und Koeinheit sie sind.

Eigenschaften

  • Sind F {\displaystyle F} und G {\displaystyle G} quasi-invers zueinander, so ist F {\displaystyle F} rechts- und linksadjungiert zu G {\displaystyle G} .
  • Rechtsadjungierte Funktoren erhalten Limites (sind also linksexakt), linksadjungierte Funktoren erhalten Kolimites (sie sind rechtsexakt).
  • Ist F {\displaystyle F} rechtsadjungiert zu G {\displaystyle G} , η : i d D F G {\displaystyle \eta \colon \mathrm {id} _{\mathcal {D}}\to FG} die Einheit, und ε : G F i d C {\displaystyle \varepsilon \colon GF\to \mathrm {id} _{\mathcal {C}}} die Koeinheit der Adjunktion, so ist ( F G , η , μ ) {\displaystyle (FG,\eta ,\mu )} mit μ X := F ( ε G X ) {\displaystyle \mu _{X}:=F(\varepsilon _{GX})} eine Monade in D {\displaystyle {\mathcal {D}}} .

Beispiele

  • Der Funktor F : S e t V e c K {\displaystyle F\colon \mathbf {Set} \to \mathbf {Vec} _{K}} , der eine Menge I {\displaystyle I} auf F ( I ) {\displaystyle F(I)} , den freien K {\displaystyle K} -Vektorraum über I {\displaystyle I} , dessen Elemente formale K {\displaystyle K} -Linearkombinationen sind, abbildet, ist linksadjungiert zum Vergissfunktor U : V e c K S e t {\displaystyle U\colon \mathbf {Vec} _{K}\to \mathbf {Set} } , der Vektorräumen ihre zugrundeliegende Menge zuordnet. Die I {\displaystyle I} -Komponente der Einheit dieser Adjunktion, η I : I U ( F ( I ) ) {\displaystyle \eta _{I}\colon I\to U(F(I))} , ist gerade die Familie der kanonischen Basisvektoren von F ( I ) {\displaystyle F(I)} . Die V {\displaystyle V} -Komponente der Koeinheit, ε V : F ( U ( V ) ) V {\displaystyle \varepsilon _{V}\colon F(U(V))\to V} , ist die lineare Abbildung, die formale K {\displaystyle K} -Linearkombinationen von Elementen von V {\displaystyle V} mit den konkreten Operationen von V {\displaystyle V} auswertet.
  • Der Funktor „freie abelsche Gruppe über einer Menge“ ist linksadjungiert zum Vergissfunktor Ab → Set.
  • Der Funktor „statte eine Menge mit der diskreten Topologie aus“ ist linksadjungiert zum Vergissfunktor Top → Set.
  • Der Funktor „statte eine Menge mit der trivialen Topologie aus“ ist rechtsadjungiert zum Vergissfunktor Top → Set.
  • Der Funktor „disjunkte Vereinigung mit einem einpunktigen Raum“ ist linksadjungiert zum Vergissfunktor Top* → Top.
  • Der Funktor „Stone-Čech-Kompaktifizierung“ ist linksadjungiert zum Vergissfunktor von der Kategorie der kompakten Hausdorffräume in die Kategorie aller topologischer Räume.
  • Der Funktor „Vervollständigung“ ist linksadjungiert zum Vergissfunktor von der Kategorie der vollständigen metrischen Räume in die Kategorie aller metrischen Räume.
  • Die reduzierte Einhängung ist linksadjungiert zum Schleifenraum; beide Kategorien sind dabei die punktierten topologischen Räume mit den Homotopieklassen von punktierten Abbildungen als Morphismen.
  • In einer kartesisch abgeschlossenen Kategorie C {\displaystyle {\mathcal {C}}} ist für jedes Objekt S {\displaystyle S} der Funktor ( ) × S : C C {\displaystyle (-)\times S\colon {\mathcal {C}}\to {\mathcal {C}}} linksadjungiert zum Funktor ( ) S : C C {\displaystyle (-)^{S}\colon {\mathcal {C}}\to {\mathcal {C}}} . Die sich durch diese Funktoren ergebende Monade, bei der die Objektabbildung A ( A × S ) S {\displaystyle A\mapsto (A\times S)^{S}} ist, ist gerade die Zustandsmonade mit Zustandsobjekt S {\displaystyle S} .
  • Fasst man Funktionen als spezielle Relationen auf, so ergibt sich ein Vergissfunktor G : S e t R e l {\displaystyle G\colon \mathbf {Set} \to \mathbf {Rel} } , mit G ( X ) = X {\displaystyle G(X)=X} für Mengen X {\displaystyle X} und G ( f ) = { ( x , f ( x ) ) x X } X × Y {\displaystyle G(f)=\{(x,f(x))\mid x\in X\}\subseteq X\times Y} für Funktionen f : X Y {\displaystyle f\colon X\to Y} . Der zu G {\displaystyle G} rechtsadjungierte Funktor F : R e l S e t {\displaystyle F\colon \mathbf {Rel} \to \mathbf {Set} } ordnet Mengen ihre Potenzmenge und Relationen r X × Y {\displaystyle r\subseteq X\times Y} die Funktion M { y ( x , y ) r , x M } {\displaystyle M\mapsto \{y\mid (x,y)\in r,x\in M\}} zu. Die X {\displaystyle X} -Komponente der Einheit der Adjunktion, η X : X P X {\displaystyle \eta _{X}\colon X\to {\mathcal {P}}X} , ist x { x } {\displaystyle x\mapsto \{x\}} . Die Y {\displaystyle Y} -Komponente der Koeinheit der Adjunktion, ε Y P Y × Y {\displaystyle \varepsilon _{Y}\subseteq {\mathcal {P}}Y\times Y} , ist gerade die auf P Y {\displaystyle {\mathcal {P}}Y} beschränkte Elementrelation.

Literatur

  • Steve Awodey: Category Theory (= Oxford Logic Guides. Band 49). Clarendon Press, Oxford 2006, ISBN 978-0-19-856861-2, 9. Kapitel. 
  • Martin Brandenburg: Einführung in die Kategorientheorie. Mit ausführlichen Erklärungen und zahlreichen Beispielen. Springer Spektrum, Berlin 2015, ISBN 978-3-662-47067-1, 7. Kapitel, doi:10.1007/978-3-662-47068-8. 
  • Saunders Mac Lane: Categories for the Working Mathematician (= Graduate Texts in Mathematics. Band 5). 2. Auflage. Springer, New York 1998, ISBN 0-387-90035-7, IV. Kapitel. 
  • Bodo Pareigis: Kategorien und Funktoren. Teubner, Stuttgart 1969, ISBN 3-663-12190-9, doi:10.1007/978-3-663-12190-9. 
  • H. Schubert: Kategorien II (= Heidelberger Taschenbuch. Band 66). Springer, Berlin 1970, ISBN 3-540-04866-9, doi:10.1007/978-3-642-95156-5. 

Einzelnachweise

  1. D. M. Kan: Adjoint Functors. In: Transaction American Mathematical Society, 1958, Band 87, S. 294–329
  2. P. J. Hilton, U. Stammbach: A Course in Homological Algebra. Springer-Verlag, 1970, ISBN 0-387-90032-2, Kapitel II, Absatz 7: Adjoint Functors
  3. H. Schubert: Kategorien II (= Heidelberger Taschenbuch. Band 66). Springer, Berlin 1970, ISBN 3-540-04866-9, doi:10.1007/978-3-642-95156-5. 
  4. Emily Riehl: Category Theory in Context. AMS Dover Publications, 2016, ISBN 0-486-80903-X, Definition 4.2.5, S. 123.