Großer Preis der Schweiz 1937
Der IV. Große Preis der Schweiz fand am 22. August 1937 auf der Bremgarten-Rundstrecke in Bremgarten bei Bern statt. Als Grande Épreuve zählte er zur Grand-Prix-Europameisterschaft 1937, wurde aber abweichend zu den Bestimmungen der Internationalen Grand-Prix-Formel (Rennwagen bis maximal 750 kg Leergewicht; 85 cm Mindestbreite; Renndistanz mindestens 500 km) lediglich über 50 Runden à 7,280 km ausgetragen, was einer Gesamtdistanz von 364,0 km entspricht.
Sieger wurde Rudolf Caracciola auf Mercedes-Benz W 125, der damit zusammen mit Hermann Lang und Manfred von Brauchitsch einen Dreifachsieg für Mercedes-Benz erzielte.
Rennen
Die Sensation von Bern war ohne Zweifel das Erscheinen des großen Tazio Nuvolari am Steuer eines Rennwagens der Auto Union. Eigentlich bei der Scuderia Ferrari, der offiziellen Werksmannschaft von Alfa Romeo, unter Vertrag, hatte man dort das neue Grand-Prix-Modell Alfa Romeo 12C-37 nach dem desaströsen Debüt bei der Coppa Acerbo in Pescara umgehend wieder zurückgezogen. Nach dieser Enttäuschung nutzte der Italiener das Angebot, bei diesem Rennen für die Auto Union anzutreten, wo bis dahin die gesamte Verantwortung praktisch allein auf den Schultern von Publikumsliebling Bernd Rosemeyer gelegen hatte. Allerdings war für Nuvolari kaum Zeit geblieben, sich mit dem Fahrverhalten des für ihn ungewohnten Heckmotorrennwagens anzufreunden, so dass er im Rennen dann nur eine recht untergeordnete Rolle spielen konnte. Mit den beiden erfahrenen Grand-Prix-Haudegen Luigi Fagioli und Hans Stuck auf zwei weiteren Auto Union "Typ C"[1] war das Team nominell so stark besetzt wie noch nie zuvor. Allerdings litt Fagioli bereits die gesamte Saison hindurch an starkem Rheumatismus, weswegen er bereits einige Rennen hatte auslassen müssen, und auch Stuck hatte den Zenit seiner Karriere nach Ansicht des Teams bereits überschritten.
Die Favoritenrolle wurde daher weiterhin der Mercdes-Benz-Mannschaft zuteil, wo mit dem Mercedes-Benz W 125 der mit Abstand stärkste Grand-Prix-Rennwagen seiner Zeit zur Verfügung stand und die drei Stammfahrer Rudolf Caracciola, Manfred von Brauchitsch und Hermann Lang alle in dieser Saison bereits erfolgreich gewesen waren. Von Brauchitsch führte dementsprechend auch die Europameisterschaftswertung mit einigem Vorsprung auf Caracciola an – der das Auftaktrennen zum Großen Preis von Belgien ausgelassen hatte, um beim Vanderbilt Cup in New York teilzunehmen – während Lang bei den nicht zur Meisterschaft gewerteten Rennen von Tripoli und auf der Avus erfolgreich gewesen war. Als Folge davon herrschte zwischen den drei Fahrern eine starke Konkurrenzsituation, in der vor allem der neu in die Stammbesetzung aufgerückte Lang von den beiden etablierten Teamkollegen als Störfaktor angesehen wurde und sie für sich das Recht forderten, Vorrang bei der Auswahl des Materials zu bekommen. In Bern litt Lang zudem noch an den Folgen einer Infektion, so dass er im Training nur wenige Runden drehen konnte, entschied sich aber trotzdem für die Teilnahme am Rennen. Ein viertes Auto wurde schließlich auch noch für den Nachwuchsfahrer Christian Kautz gemeldet.
Nach dem Absprung von Nuvolari war die bei Alfa Romeo verbliebene Rumpfmannschaft aus Giuseppe Farina und Raymond Sommer, die wieder mit dem alten Typ Alfa Romeo 12C-36 vorlieb nehmen mussten, gegen die übermächtige Phalanx der deutschen Silberpfeile dagegen praktisch chancenlos. Noch geringere Erfolgsaussichten besaß nur noch die Riege der Privatfahrer, unter denen lediglich der Schweizer Hans Ruesch mit seinem Alfa Romeo 8C-35 Tipo C und der vormalige Auto-Union-Reservefahrer Paul Pietsch mit seinem Maserati 6C-34 als einigermaßen modern zu bezeichnende Fahrzeuge besaßen.
Am Renntag war die Strecke von einem Regenschauer durchnässt, als sich Stuck aus seiner Position in der ersten Startreihe heraus in die erste Runde katapultierte und aus dieser mit seinem Auto Union vor Caracciola (Mercedes), Rosemeyer (Auto Union) sowie Lang und von Brauchitsch (beide Mercedes) als Führender wieder zurück zu Start und Ziel kam. Rosemeyer kam in der zweiten Runde mit blockierender Bremse von der Strecke ab und konnte nur mit Hilfe einiger Zuschauer aus dem weichen Boden wieder befreit werden. Um der dadurch unumgänglichen Disqualifikation zuvorzukommen, steuerte Rosemeyer daraufhin direkt an die Box und gab das Rennen auf.
Bald geriet auch Stuck zunehmend unter Druck und wurde von Caracciola, Lang und von Brauchitsch nacheinander bis zur 15. Runde auf die vierte Position durchgereicht, während in der Zwischenzeit Rosemeyer das Auto Nuvolaris übernommen hatte, der mit dem ungewohnten Heckmotorrennwagen unter den nassen Streckenverhältnissen überhaupt nicht zurechtgekommen war. Später konnte dann Fagioli aufgrund seines Leidens nicht mehr weiterfahren, so dass Nuvolari in dessen Auto das Rennen noch einmal aufnehmen konnte, um am Ende damit einen wenig zufriedenstellenden siebten Platz zu erringen.
In der Zwischenzeit war Stuck anlässlich der zu Rennmitte fälligen Boxenstopps noch einmal an von Brauchitsch vorbei auf Rang drei gekommen, weil er – wie auch Caracciola – nach dem Auftanken auf das Wechseln der Reifen verzichtet hatte. Der Mercedes-Fahrer gab sich jedoch nicht geschlagen und nach rundenlangem Kampf konnte er acht Runden vor Schluss schließlich die alte Reihenfolge wieder herstellen, während an der Spitze Lang von der Box Anweisung bekam, seinen Angriff auf den führenden Caracciola einzustellen. So endete das Rennen mit einem weiteren Dreifacherfolg für Mercedes-Benz vor den beiden Auto Union von Stuck und Rosemeyer, der für seine Aufholjagd mit Nuolaris Auto noch mit dem fünften Platz belohnt wurde.
Ergebnisse
Meldeliste
Team | Nr. | Fahrer | Chassis | Motor | Reifen | |
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Deutsches Reich NS Paul Pietsch | 02 | Deutsches Reich NS Paul Pietsch | Maserati 6C-34 | Maserati 3.7L I6 Kompressor | ||
Deutsches Reich NS Auto Union AG | 04 | Italien 1861 Luigi Fagiolia | Auto Union C | Auto Union 6.0L V16 Kompressor | C | |
06 | Italien 1861 Tazio Nuvolarib | |||||
08 | Deutsches Reich NS Bernd Rosemeyer | |||||
10 | Deutsches Reich NS Hans Stuck | |||||
Deutsches Reich NS Daimler-Benz AG | 12 | Deutsches Reich NS Manfred von Brauchitsch | Mercedes-Benz W 125 | Mercedes-Benz M 125 F 5.7L I8 Kompressor | C | |
14 | Deutsches Reich NS Rudolf Caracciola | |||||
16 | Schweiz Christian Kautz | |||||
18 | Deutsches Reich NS Hermann Lang | |||||
Italien 1861 Giovanni Minozzi | 20 | Italien 1861 Giovanni Minozzi | Alfa Romeo 8C 2300 „Monza“ | Alfa Romeo 2.3L I8 Kompressor | P | |
Italien 1861 Scuderia Ferrari | 22 | Dritte Französische Republik Raymond Sommer | Alfa Romeo 12C-36 | Alfa Romeo 4.1L V12 Kompressor | E | |
24 | Italien 1861 Giuseppe Farina | |||||
Italien 1861 Scuderia Sabauda | 26 | Italien 1861 Luigi Soffietti | DNA | Maserati 8CM | Maserati 3.0L I8 Kompressor | |
28 | Italien 1861 Edoardo Teagno | DNS | ||||
Schweiz Max Christen | 30 | Schweiz Max Christen | Maserati Tipo 26B | Maserati 2.0L I8 | ||
Schweiz Henri Simonet | 32 | Schweiz Henri Simonet | Alfa Romeo Tipo B/P3 | Alfa Romeo 2.9L I8 Kompressor | ||
Tschechoslowakei 1920 Martin Walther | 34 | Tschechoslowakei 1920 Martin Walther | DNA | Bugatti T35B | Bugatti 2.3L I8 Kompressor | |
Schweiz Ecurie Genevoise | 36 | Schweiz Adolfo Mandirola | Maserati 8CM | Maserati 3.0L I8 Kompressor | ||
Ungarn 1918 László Hartmann | 38 | Ungarn 1918 László Hartmann | Maserati 6CMc | Maserati 2.5L I4 Kompressor | ||
Schweiz Hans Ruesch | 40 | Schweiz Hans Ruesch | Alfa Romeo 8C-35 | Alfa Romeo 3.8L I8 Kompressor |
Qualifying
Pos. | Fahrer | Konstrukteur | Qualifikationstraining | Start | |
---|---|---|---|---|---|
Zeit | Ø-Geschwindigkeit | ||||
01 | Deutsches Reich NS Rudolf Caracciola | Deutsches Reich NS Mercedes-Benz | 2:32,0 min | 172,420 km/h | 01 |
02 | Deutsches Reich NS Bernd Rosemeyer | Deutsches Reich NS Auto Union | 2:32,5 min | 171,860 km/h | 02 |
03 | Deutsches Reich NS Hans Stuck | Deutsches Reich NS Auto Union | 2:34,3 min | 169,850 km/h | 03 |
04 | Deutsches Reich NS Manfred von Brauchitsch | Deutsches Reich NS Mercedes-Benz | 2:36,3 min | 167,780 km/h | 04 |
05 | Deutsches Reich NS Hermann Lang | Deutsches Reich NS Mercedes-Benz | 2:37,3 min | 166,610 km/h | 05 |
06 | Italien 1861 Giuseppe Farina | Italien 1861 Alfa Romeo | 2:42,8 min | 160,980 km/h | 06 |
07 | Italien 1861 Tazio Nuvolari | Deutsches Reich NS Auto Union | 2:43,0 min | 160,790 km/h | 07 |
08 | Italien 1861 Luigi Fagioli | Deutsches Reich NS Auto Union | 2:43,2 min | 160,590 km/h | 08 |
09 | Schweiz Christian Kautz | Deutsches Reich NS Mercedes-Benz | 2:44,3 min | 159,510 km/h | 09 |
10 | Dritte Französische Republik Raymond Sommer | Italien 1861 Alfa Romeo | 2:44,4 min | 159,420 km/h | 10 |
11 | Schweiz Hans Ruesch | Italien 1861 Alfa Romeo | 2:53,0 min | 151,490 km/h | 11 |
12 | Deutsches Reich NS Paul Pietsch | Italien 1861 Maserati | 3:08,4 min | 139,110 km/h | 12 |
13 | Ungarn 1918 László Hartmann | Italien 1861 Maserati | 3:12,5 min | 136,510 km/h | 13 |
14 | Italien 1861 Giovanni Minozzi | Italien 1861 Alfa Romeo | 3:37,1 min | 120,720 km/h | 14 |
15 | Schweiz Adolfo Mandirola | Italien 1861 Maserati | 4:05,6 min | 106,710 km/h | 17 |
16 | Schweiz Max Christen | Italien 1861 Maserati | keine Zeit | 15 | |
17 | Schweiz Henri Simonet | Italien 1861 Alfa Romeo | keine Zeit | 16 |
Rennergebnis
Pos. | Fahrer | Konstrukteur | Runden | Stopps | Zeit | Start | Schnellste Runde | Ausfallgrund |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
01 | Deutsches Reich NS Rudolf Caracciola | Deutsches Reich NS Mercedes-Benz | 50 | 2:17:39,3 h | 1 | |||
02 | Deutsches Reich NS Hermann Lang | Deutsches Reich NS Mercedes-Benz | 50 | + 49,4 s | 5 | |||
03 | Deutsches Reich NS Manfred von Brauchitsch | Deutsches Reich NS Mercedes-Benz | 50 | + 1:06,4 min | 4 | |||
04 | Deutsches Reich NS Hans Stuck | Deutsches Reich NS Auto Union | 50 | + 1:11,5 min | 3 | |||
05 | Italien 1861 Tazio Nuvolari Deutsches Reich NS Bernd Rosemeyer | Deutsches Reich NS Auto Union | 50 | + 1:21,2 min | 7 | 2:36,1 min1 | ||
06 | Schweiz Christian Kautz | Deutsches Reich NS Mercedes-Benz | 49 | + 1 Runde | 9 | |||
07 | Italien 1861 Luigi Fagioli Italien 1861 Tazio Nuvolari | Deutsches Reich NS Auto Union | 49 | + 1 Runde | 8 | |||
08 | Dritte Französische Republik Raymond Sommer | Italien 1861 Alfa Romeo | 47 | + 3 Runden | 10 | |||
09 | Ungarn 1918 László Hartmann | Italien 1861 Maserati | 42 | + 8 Runden | 13 | |||
10 | Deutsches Reich NS Paul Pietsch | Italien 1861 Maserati | 41 | + 9 Runden | 12 | |||
— | Schweiz Henri Simonet | Italien 1861 Alfa Romeo | 35 | DNF | 16 | Ausfall | ||
— | Schweiz Adolfo Mandirola | Italien 1861 Maserati | 28 | DNF | 17 | technischer Defekt | ||
— | Italien 1861 Giovanni Minozzi | Italien 1861 Alfa Romeo | 26 | DNF | 14 | technischer Defekt | ||
— | Italien 1861 Giuseppe Farina | Italien 1861 Alfa Romeo | 22 | DNF | 6 | Achsbruch | ||
— | Schweiz Hans Ruesch | Italien 1861 Alfa Romeo | 8 | DNF | 11 | Riss im Zylinderblock | ||
— | Schweiz Max Christen | Italien 1861 Maserati | 4 | DNF | 15 | technischer Defekt | ||
— | Deutsches Reich NS Bernd Rosemeyer | Deutsches Reich NS Auto Union | 1 | DNF | 2 | Aufgabe nach Inanspruchnahme fremder Hilfe |
1 Bernd Rosemeyer
Weblinks
- IV Großer Preis der Schweiz. www.teamdan.com, abgerufen am 3. September 2014 (englisch).
- Leif Snellman, Felix Muelas: IV GROßER PREIS DER SCHWEIZ. www.kolumbus.fi, 4. Mai 2014, abgerufen am 3. September 2014 (englisch).
Einzelnachweise
- ↑ die Typenbezeichnung der Auto-Union-Rennwagen wurde von Fachautoren erst nachträglich zur Unterscheidung der einzelnen Modelle eingeführt