Hajdu-Cheney-Syndrom

Klassifikation nach ICD-10
M89.5 Osteolyse
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Das Hajdu-Cheney-Syndrom, auch autosomal-dominante Akroosteolyse oder familiäre idiopathische Akroosteolyse oder hereditäre idiopathische Osteolyse Typ VI genannt, ist eine sehr seltene Erbkrankheit, die zur lokalen Degeneration von Knochengewebe (Osteolyse) führt.

Prävalenz und Ätiologie

Das Hajdu-Cheney-Syndrom ist eine sehr seltene Erkrankung. Weltweit wurden bisher etwa 50 Fälle berichtet. Die Krankheit folgt in der Regel einem autosomal-dominanten Erbgang. Welches Gen beziehungsweise welche Gene dabei betroffen sind, ist wie auch die molekulare Pathogenese noch unklar. Es wird vermutet, dass durch Neumutationen auch sporadische Fälle auftreten.[1]

Pathogenese

Das Hajdu-Cheney-Syndrom äußert sich bei den betroffenen Patienten unter anderem durch Minderwuchs, einem progredienten Abbau der distalen Phalangen (Fingerknochen) und gedrängt stehenden Mittelhandknochen (Ossa carpalia). Die Knochennähte am Schädel (Sutur) ossifizieren nicht. Die Stirnhöhle (Sinus frontalis) fehlt und der Türkensattel (Sella turcica) ist verlängert. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung kann es zu einer Kompression der Arteria basilaris kommen, die lebensbedrohlich werden kann. Die Ohren, mit großen Ohrläppchen, sitzen tiefer als normal. Die Nase fällt breit aus. Der Abbau der Alveolarfortsätze (Processus alveolaris) führt zu einem frühen Verlust der Zähne. Der Abbau der Knochen (Osteopenie) kann im weiteren Verlauf der Erkrankung zur Verbiegung der Wirbelsäule (Skoliose) führen. Neben diesen Hauptsymptomen wurden bei einigen Betroffenen noch weitere Symptome wie Zystenniere,[2][3] angeborene Herzfehler, Hydrocephalus (‚Wasserkopf‘), Gaumenspalte und Hepatosplenomegalie (Vergrößerung von Leber und Milz) beobachtet. Durch den Abbau der Knochen sind die Patienten körperlich schwach und ziehen sich leicht Knochenbrüche zu.[1]

Diagnose

Erste Zeichen der Erkrankung, die nur selten im Kindesalter diagnostiziert werden kann, sind Schmerzen in den Händen. Eine Knochendichtemessung (Osteodensitometrie) kann den extremen Abbau der Knochen nachweisen.[1]

Therapie

Eine früh sich manifestierende Osteoporose ist mit Bisphosphonaten behandelbar.[1]

Erstbeschreibung

Der US-amerikanische Radiologe William D. Cheney (* 1918) beschrieb 1965 bei einer Familie im Norden von Michigan erstmals das Hajdu-Cheney-Syndrom.[4] Eine Mutter und vier ihrer Kinder zeigten die Symptome einer Akroosteolyse, eine Vielzahl von Wormschen Knochen und eine Hypoplasie des beidseitig aufsteigendem Unterkieferastes (Ramus mandibulae).[5] Weiterer Namensgeber ist der ungarisch-britische Radiologe Nicholas Hajdu (* 1908), der 1948 eine kranioskelettale Dysplasie beschrieb.[6][4][7]

Einzelnachweise

  1. a b c d Orphanet Hajdu-Cheney-Syndrom
  2. P. Kaplan: Cystic kidney disease in Hajdu-Cheney syndrome. In: Am J Med Genet. 56, 1995, S. 25–30. PMID 7747781 (Review)
  3. G. Currarino: Hajdu-Cheney syndrome associated with serpentine fibulae and polycystic kidney disease. In: Pediatr Radiol. 39, 2009, S. 47–52. PMID 18815778 (Review)
  4. a b Barry G. Firkin, Judith A. Whitworth: Dictionary of medical eponyms. Informa Health Care, 2002, ISBN 1-85070-333-7, S. 162. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  5. W. D. Cheney: Acro-osteolysis. In: Am J Roentgen. 94, 1965, S. 595–607. PMID 14303950
  6. N. Hajdu, R. Kauntze: Cranioskeletal dysplasia. In: Brit J Radiol. 21, 1948, S. 42–48. PMID 18918373
  7. whonamedit.com: Nicholas Hajdu. Abgerufen am 13. Februar 2010.

Literatur

Fachbücher
  • Carl Joachim Wirth, Ludwig Zichner: Orthopädie und orthopädische Chirurgie: Systemerkrankungen. Georg Thieme Verlag, 2003, ISBN 3-13-126171-4. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
Review-Artikel
  • I. Marik u. a.: Hajdu-Cheney syndrome: report of a family and a short literature review. In: Australas Radiol. 50, 2006, S. 534–538. PMID 17107523
  • A. M. Brennan, R. M. Pauli: Hajdu-Cheney syndrome: evolution of phenotype and clinical problems. In: Am J Med Genet. 100, 2001, S. 292–310. PMID 11343321
  • A. Sahin, M. S. Pepeler, N. Shimbori: A patient with acro-osteolysis syndrome: Hajdu-Cheney. In: Internal medicine (Tokyo, Japan). Band 49, Nummer 1, 2010, ISSN 1349-7235, S. 87–88. PMID 20046011.
Frei zugängliche Artikel im Volltext
  • M. A. O’Reilly, D. G. Shaw: Hajdu-Cheney syndrome. In: Annals of the Rheumatic Diseases. Band 53, Nummer 4, April 1994, ISSN 0003-4967, S. 276–279. PMID 8203959, PMC 1005309 (freier Volltext).
  • L. C. Adès, L. L. Morris, E. A. Haan: Hydrocephalus in Hajdu-Cheney syndrome. In: Journal of medical genetics. Band 30, Nummer 2, Februar 1993, ISSN 0022-2593, S. 175. PMID 8445627, PMC 1016286 (freier Volltext).
  • H. Hoey, F. Hinde, D. B. Grant: Hajdu-Cheney syndrome associated with intrauterine fractures and arachnoid cysts. In: Journal of the Royal Society of Medicine. Band 76, Nummer 6, Juni 1983, ISSN 0141-0768, S. 521–523. PMID 6864724, PMC 1439226 (freier Volltext).