Kompakt-Offen-Topologie

Die Kompakt-Offene-Topologie, kurz KO-Topologie,[1] ist eine im mathematischen Teilgebiet der Topologie betrachtete Struktur auf Funktionenräumen stetiger Funktionen. Sind nämlich X {\displaystyle X} und Y {\displaystyle Y} topologische Räume, so sind die stetigen Abbildungen die strukturerhaltenden Abbildungen. Daher liegt es nahe, die Menge C ( X , Y ) {\displaystyle C(X,Y)} aller stetigen Funktionen X Y {\displaystyle X\to Y} wieder mit einer Topologie auszustatten. Unter den vielen Möglichkeiten, das zu tun, hat sich die Kompakt-Offen-Topologie als besonders geeignet herausgestellt.

Die Mathematiker R. H. Fox (1945) und Richard Friederich Arens (1946) definierten als erste diese Topologie und untersuchten sie systematisch.[2]

Definition

Seien X {\displaystyle X} und Y {\displaystyle Y} topologische Räume. Ist K X {\displaystyle K\subset X} kompakt und U Y {\displaystyle U\subset Y} offen, so sei Ω ( K , U ) := { f C ( X , Y ) : f ( K ) U } {\displaystyle \Omega (K,U):=\{f\in C(X,Y):\,f(K)\subset U\}} .

Die Kompakt-Offen-Topologie auf C ( X , Y ) {\displaystyle C(X,Y)} ist die von allen Mengen der Form Ω ( K , U ) {\displaystyle \Omega (K,U)} , K X {\displaystyle K\subset X} kompakt, U Y {\displaystyle U\subset Y} offen, erzeugte Topologie, d. h., die offenen Mengen dieser Topologie sind beliebige Vereinigungen endlicher Durchschnitte solcher Mengen Ω ( K , U ) {\displaystyle \Omega (K,U)} .

Die Mengen Ω ( K , U ) {\displaystyle \Omega (K,U)} , K X {\displaystyle K\subset X} kompakt, U Y {\displaystyle U\subset Y} offen, bilden damit eine Subbasis der Kompakt-Offen-Topologie. Diese Topologie wird oft mit c o {\displaystyle co} abgekürzt (engl. compact-open), C c o ( X , Y ) {\displaystyle C_{co}(X,Y)} bezeichnet dann den Raum C ( X , Y ) {\displaystyle C(X,Y)} , der mit der Kompakt-Offen-Topologie versehen ist.

Eigenschaften

Im Folgenden seien X {\displaystyle X} und Y {\displaystyle Y} topologische Räume.

Trennungsaxiome

Ist Y T0-Raum, T1-Raum, Hausdorffraum, regulärer Raum oder ein vollständig regulärer Raum, so genügt C c o ( X , Y ) {\displaystyle C_{co}(X,Y)} demselben Trennungsaxiom.

Die Auswertungsabbildung

Für jede Teilmenge H C ( X , Y ) {\displaystyle H\subset C(X,Y)} hat man die Auswertungsabbildung j H : H × X Y , ( f , x ) f ( x ) {\displaystyle j_{H}:H\times X\to Y,(f,x)\mapsto f(x)} . Ist τ {\displaystyle \tau } irgendeine Topologie auf H {\displaystyle H} , so dass j H {\displaystyle j_{H}} stetig ist ( H × X {\displaystyle H\times X} trägt dabei die Produkttopologie aus τ {\displaystyle \tau } und der auf X {\displaystyle X} gegebenen Topologie), so ist c o | H τ {\displaystyle co|_{H}\subset \tau } , d. h., die relative Kompakt-Offen-Topologie auf H {\displaystyle H} ist gröber als τ {\displaystyle \tau } . In einem wichtigen Spezialfall ist die Auswertungsabbildung j H {\displaystyle j_{H}} stetig, wenn man H {\displaystyle H} mit der relativen Kompakt-Offen-Topologie versieht; es gilt:

Ist X {\displaystyle X} lokalkompakt und Y {\displaystyle Y} ein beliebiger topologischer Raum, so ist die Kompakt-Offen-Topologie auf jeder Teilmenge H C ( X , Y ) {\displaystyle H\subset C(X,Y)} die gröbste Topologie, die die Auswertungsabbildung j H : H × X Y , ( f , x ) f ( x ) {\displaystyle j_{H}:H\times X\to Y,(f,x)\mapsto f(x)} stetig macht.

Komposition

Seien X {\displaystyle X} und Y {\displaystyle Y} lokalkompakt, Z {\displaystyle Z} sei ein dritter topologischer Raum. Dann ist die Kompositionsabbildung

C c o ( X , Y ) × C c o ( Y , Z ) C c o ( X , Z ) , ( f , g ) g f {\displaystyle C_{co}(X,Y)\times C_{co}(Y,Z)\rightarrow C_{co}(X,Z),\,\,(f,g)\mapsto g\circ f}

stetig.

Kompakte Konvergenz

Sei X {\displaystyle X} lokalkompakt, Y {\displaystyle Y} uniformer Raum. Dann stimmt die Kompakt-Offen-Topologie auf C ( X , Y ) {\displaystyle C(X,Y)} mit der Topologie der kompakten Konvergenz überein.

Anwendung

Als typische Anwendung in der algebraischen Topologie wird hier die rekursive Definition der höheren Homotopiegruppen vorgestellt. Es sei X {\displaystyle X} ein topologischer Raum mit einem ausgezeichneten Punkt p X {\displaystyle p\in X} . Mit π 1 ( X , p ) {\displaystyle \pi _{1}(X,p)} werde die Fundamentalgruppe zum Basispunkt p {\displaystyle p} bezeichnet. Zur Definition der höheren Homotopiegruppen π n ( X , p ) {\displaystyle \pi _{n}(X,p)} betrachte man den Raum Ω X , p {\displaystyle \Omega _{X,p}} aller stetigen Abbildungen g : ( [ 0 , 1 ] , [ 0 , 1 ] ) ( X , p ) {\displaystyle g:([0,1],\partial [0,1])\to (X,p)} des Einheitsintervalls [ 0 , 1 ] {\displaystyle [0,1]} nach X {\displaystyle X} , die den Rand [ 0 , 1 ] {\displaystyle \partial [0,1]} des Einheitsintervalls auf den Basispunkt p {\displaystyle p} abbilden. Bezeichnet man die konstante Funktion aus Ω X , p {\displaystyle \Omega _{X,p}} , die das Einheitsintervall auf den Punkt p {\displaystyle p} abbildet, mit p ~ {\displaystyle {\tilde {p}}} und versieht man Ω X , p {\displaystyle \Omega _{X,p}} mit der relativen Kompakt-Offen-Topologie von C ( [ 0 , 1 ] , X ) {\displaystyle C([0,1],X)} , so ist das Paar ( Ω X , p , p ~ ) {\displaystyle (\Omega _{X,p},{\tilde {p}})} ein topologischer Raum mit einem ausgezeichneten Punkt.

Man definiert nun π 2 ( X , p ) := π 1 ( Ω X , p , p ~ ) {\displaystyle \pi _{2}(X,p):=\pi _{1}(\Omega _{X,p},{\tilde {p}})} und allgemeiner rekursiv π n ( X , p ) := π n 1 ( Ω X , p , p ~ ) {\displaystyle \pi _{n}(X,p):=\pi _{n-1}(\Omega _{X,p},{\tilde {p}})} für n > 1 {\displaystyle n>1} .

Literatur

  • Johann Cigler, Hans-Christian Reichel: Topologie. Eine Grundvorlesung (= BI-Hochschultaschenbücher. Band 121). Bibliographisches Institut, Mannheim u. a. 1978, ISBN 3-411-00121-6. 
  • Horst Schubert: Topologie. Eine Einführung (= Teubners mathematische Leitfäden. ZDB-ID 259127-3). Teubner, Stuttgart 1964, (4. Auflage. Teubner, Stuttgart 1975, ISBN 3-519-12200-6).

Einzelnachweise

  1. Gerd Laures, Markus Szymik: Grundkurs Topologie. Spektrum – Akademischer Verlag, Heidelberg 2009, ISBN 978-3-8274-2040-4, S. 72. 
  2. Boto von Querenburg: Mengentheoretische Topologie. 3., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2001, ISBN 3-540-67790-9, S. 333.