Kulturkreis der SA

Der Kulturkreis der SA der NSDAP wurde mit Wirkung vom 19. Februar 1936 im nationalsozialistischen Deutschen Reich vom Stabschef Viktor Lutze im Rahmen der weltanschaulichen Bedeutung und Arbeit der SA geschaffen.[1] Es sollte sich nicht um eine neue Organisation, sondern um eine kulturelle und künstlerische „Kampfkameradschaft“ handeln, in der alle gestaltenden und schöpferischen Kräfte innerhalb der SA zusammengefasst werden sollten.[2] Zu den erklärten Zielen des Kulturkreises zählte das Vertrautmachen möglichst breiter Kreise der Bevölkerung mit der Kulturpolitik des nationalsozialistischen Staates.[3]

Bereits in der sogenannten Kampfzeit vor 1933 hatte die Kultur in Form der Marschmusik eine wichtige Identitätsrolle innerhalb der SA gespielt.[4] Daneben wurden in der SA bis in die unteren Organisationseinheiten „Kulturwarte“ – oft in Personalunion auch als „Pressewarte “ – eingesetzt und dabei meist auf Personen mit einer höheren Schulausbildung zurückgegriffen.[5][6]

Die erste Arbeitstagung des Kulturkreises fand am 7./8. März 1936 in Berlin statt. Im Laufe der Jahre wurden weitere Mitglieder zu den 16 Gründungsmitgliedern[7] in den besagten Kulturkreis berufen.[8] Zum Kulturkreis gehörten Dichter, Maler, Architekten, Schauspieler und Regisseure[9].

Hildegard Brenner zufolge gehörte der Kulturkreis der SA zu jenen NS-Verbänden, die eine Reorganisation der Preußischen Akademie der Künste forderten und kontrollierten[10]. Ebenso wie eine Vielzahl anderer Institutionen machte der Kulturkreis der SA im Wirrwarr der NS-Bürokratie Mitspracherechte in Verlagsgeschäft und Buchhandel geltend[11].

Im Januar 1938 brachte der Fernsehsender Paul Nipkow einen Beitrag, der als „erste Fernsehsendung des SA-Kulturkreises“ angekündigt wurde[12].

1942 fand in Dresden eine große „Kunstausstellung der SA“ statt, in deren Organisation Mitglieder des Kulturkreises der SA einbezogen waren.[13]

Als Wilhelm Schepmann im Jahre 1943 Stabschef der SA wurde, löste er den Kulturkreis der SA mit dem Hinweis auf, es gebe keine SA-Kultur, sondern nur eine vom Nationalsozialismus geprägte deutsche Kultur[14].

1936 berufene Mitglieder

  1. Franz Moraller (1903–1986), Journalist, Berlin
  2. Joseph Berchtold (1897–1962), Kaufmann und Journalist, München
  3. Gerhard Schumann (1911–1995), Schriftsteller, Stuttgart
  4. Herbert Böhme (1907–1971), Kulturfunktionär, Lyriker, Schriftsteller und Publizist, München
  5. Herybert Menzel (1906–1945), Dichter und Schriftsteller, Tirschtiegel
  6. Bernd Lembeck (1895–nach 1961), Schriftsteller und Publizist, München
  7. Hans Schaudinn (1901–1945?), Schauspieler, später Funktionär beim Rundfunk, Berlin
  8. Goetz Otto Stoffregen (1896–1953), Schriftsteller, Journalist und Rundfunkintendant, Berlin
  9. Dietrich Loder (1900–nach 1955), Marineoffizier, Schriftsteller, Journalist und Publizist, München
  10. Dio Schloderer, München
  11. Heinrich Anacker (1901–1971), schweizerisch-deutscher Schriftsteller, Berlin
  12. Hans Duffner (1908–1945), Schriftsteller, Schriftsteller, Hugstetten/Breisgau
  13. Hans Volz (1904–1978), Historiker, Herausgeber und NS-Propagandist, Berlin
  14. Paul Giesler (1895–1945), Architekt, Oldenburg
  15. Hans Schlenck (1901–1944), Schauspieler, Theaterregisseur und Theaterintendant, Berlin
  16. Helmuth Hansen, Berlin[15]

1939 berufene Mitglieder

  • Fritz Todt (1891–1942), Bauingenieur, Oberste SA-Führung
  • Achim von Arnim (1881–1940), Militärwissenschaftler, Gruppe Berlin-Brandenburg
  • Karl Gayer, Gruppe Schlesien
  • J. K. von Engelbrechten (1900–1971), Schriftsteller, Gruppe Berlin-Brandenburg
  • Hermann Giesler (1898–1987), Architekt, Gruppe Thüringen
  • Walter Günteritz (1888–1962), Maler und Grafiker, Gruppe Hansa
  • Peter Hoenselaers (1895–1966), Operettensänger und Theaterintendant, Gruppe Westfalen
  • Werner Loesch (1911–1942), Zeitungswissenschaftler, Gruppe Sachsen
  • Hannes Kremer (1906–1976), Schriftsteller, Gruppe Hochland
  • Hermann Ortner (1895–1956), Schriftsteller, Gruppe Donau[16]
  • Bernhard Kummer (1897–1962) (1897–1962), Germanist, Gruppe Thüringen
  • August Goebel (1883–1971), Bildhauer, Gruppe Niederrhein[17]

Weitere Mitglieder (Auswahl)

  • Elk Eber (1892–1941), Maler und Grafiker
  • Oskar Glöckler (1893–1938), Bildhauer, Medailleur, Sportfunktionär[18]
  • Friedrich Joachim Klähn (1895–1969), Schriftsteller und Propagandist[19]
  • Gerhard Krüger (1908–1994), Soziologe, Pressefunktionär[20]
  • Kurt Maßmann (1910–1945), Schriftsteller, Journalist und Pressefunktionär
  • Hermann Okraß (1905–1972), Journalist und Zeitungsredakteur
  • Otto Paust (1897–1975), Journalist und Schriftsteller
  • Hans Sponholz (1902–1982), Schriftsteller, Journalist und Naturschützer
  • Hans Zöberlein (1895–1964), Schriftsteller[21]

Einzelnachweise

  1. Nationalsozialistische Partei-Korrespondenz, NSK-Folge 267, Hrsg. Wilhelm Weiß, Franz Eher Nachf., Berlin 14. November 1936, S. 79. Blatt 3.
  2. Nationalsozialistische Partei-Korrespondenz, NSK-Folge 56 vom 6. März 1936, Blatt 1.
  3. Kultur und SA. In: Der SA.-Führer. 1937, S. 39.
  4. Kultur und Staat in der Provinz. Perspektiven und Erträge der Regionalgeschichte. In: Studien zur Regionalgeschichte; Band 2, Hrsg. Stefan Brakensiek, Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 1992, S. 405, ISBN 3-927085-60-X.
  5. Hans-Christian Harten, Uwe Neirich, Matthias Schwerendt: Rassenhygiene als Erziehungsideologie des Dritten Reichs. Bio-bibliographisches Handbuch, Akademie Verlag/ Oldenbourg Berlin/ München 2006, S. 394, ISBN 3-05-004094-7.
  6. Birgit Wägenbaur, et al.: Internationales Germanistenlexikon 1800–1950, Band 1, Hrsg. Christoph König, Walter de Gruyter, Berlin / New York 2003, S. 2086, ISBN 3-11-015485-4.
  7. Gideon Botsch, Christoph Kopke, Karsten Wilke (Hrsg.): Rechtsextrem: Biografien nach 1945. De Gruyter, Oldenbourg, Berlin u. a. 2023, ISBN 978-3-11-101099-1. S. 78.
  8. 1939. In den Kulturkreis der SA berufen:, in: Kritik der Zeit, in: Nationalsozialistische Monatshefte, Heft 109, 10. Jahrgang, April 1939, S. 355.
  9. Werner Bräuninger: Strahlungsfelder des Nationalsozialismus: Die Flosse des Leviathan. Verlag Siegfried Bublies, Schnellbach 1999, ISBN 3-926584-67-X. S. 114.
  10. Hildegard Brenner: Ende einer bürgerlichen Kunstinstitution – Die politische Formierung der Preußischen Akademie der Künste ab 1933. Institut für Zeitgeschichte, München 1972, ISBN 3-421-01587-2.
  11. Franckh-Kosmos: ... von nicht verklungener Wirkung .... 200 Jahre Verlagsgeschichte im Spiegel der Zeit, Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2022, ISBN 978-3-440-17561-3.
  12. Klaus Winker: Fernsehen unterm Hakenkreuz. Organisation – Programm – Personal. Böhlau, Köln/Weimar/Wien 1996, ISBN 3-412-03594-7. S. 210, 249.
  13. Martin Papenbrock, Gabriele Saure (Hrsg.): Kunst des frühen 20. Jahrhunderts in deutschen Ausstellungen. Teil 1: Ausstellungen deutsche Gegenwartskunst in der NS-Zeit. VDG, Weimar 2000.
  14. Daniel Siemens: Sturmabteilung: Die Geschichte der SA. München: Siedler 2019, ISBN 978-3-8275-0051-9.
  15. Das Dritte Reich. 1936, S. 340.
  16. Uwe Baur, Karin Gradwohl-Schlachter: Literatur in Österreich 1938–1945. Handbuch eines literarischen Systems. Band 3. Böhlau Verlag, Wien/Köln/Weimar 2014, ISBN 978-3-205-79508-7, S. 318.
  17. In den Kulturkreis der SA. berufen. In: Nationalsozialistische Monatshefte, 1939, S. 335.
  18. Wolf Reinhardt, Ralph Schlüter: Die Olympischen Kunstwettbewerbe 1912–1948, Band II, Bildhauerei, ISBN 978-3-7583-1099-7.
  19. Klaus Vondung: Magie und Manipulation. Ideologischer Kult und politische Religion des Nationalsozialismus. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1971
  20. Anselm Faust: Der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund. Band 2, Schwann, Düsseldorf 1973, ISBN 978-3-7895-0152-4. S. 159.
  21. Nikos Späth: Das Thema hatte es in sich. Die Reaktion der deutschen und amerikanischen Presse auf Erich Maria Remarques Im Westen nichts Neues. Schriften des Erich Maria Remarque-Archivs, Bd. 35. Vandenhoeck & Ruprecht, ISBN 978-3-8471-1021-7. S. 139.