Kurt Lüer

Kurt Friedrich Georg Lüer (* 1. April 1863 in Bruchhausen bei Hoya; † 12. März 1946 in Sigmaringen) war ein deutscher Apotheker, Straßenbauer,[1] Teer-Chemiker[2] und Erfinder. Er gilt als „Initiator des Teer- und Asphalt-Straßenbaues auf den deutschen Landstraßen“.[3]

Leben

Familie

Kurt Lüer war der Bruder von Otto Lüer[1] und von Hermann Lüer sowie Sohn des Aktuars Georg Christian Ludwig Lüer und der Sophie Caroline Marie, geborene Jansen. 1889 heiratete er in Vilsen Helene, die Tochter des dort tätigen Rentmeisters Gustav Friedrich Otto Sievers und der Anna Wilhelmine Eleonore, geborene Herbst. Sein Sohn war Hans Lüer.[3]

Werdegang

Geboren noch im Königreich Hannover, durchlief Kurt Lüer eine Ausbildung sowie ein Studium der Pharmazie und betrieb anschließend zunächst eine Apotheke in Wittingen bei Gifhorn, dann in Berlin-Charlottenburg.[1] Als Pharmazeut kannte er die aus Bitumen und gewonnenen Teerpräparate (Heilmittel) wie etwa das Ichthyol. Kurz nach der Wende zum 20. Jahrhundert nahm er Kenntnis der Aktivitäten des Schweizer Arztes Ernest Guglielminetti, „der zur Entstaubung der Straßen 1902 in Monte Carlo die ersten 40 Meter Straßenteer verlegt hatte“,[3] und begann nun mit eigenen Forschungen zum Straßenbau. 1905 übernahm er das Teer-Makadam-Verfahren[1] und baute „er nach dem Verfahren des Schweizers Heinrich Aeberli“ bereits ab 1906 bis 1914 Straßenbeläge mit Rohteer an mehreren Orten des Deutschen Kaiserreichs. Dabei erkannte er weiteren Forschungsbedarf für eine verbesserte Verwendung von Rohteer, Teerpech aus Steinkohle und hochsiedendem Teeröl als Straßenteer.[3] Unterdessen hatte er 1912 in Berlin die Aeberli-Teer-Makadam-Gesellschaft gegründet, die er später nach Hannover verlegte und in die Idera-Gesellschaft umwandelte.[1]

Nach Unterbrechung durch den Ersten Weltkrieg – zu Beginn der Weimarer Republik war der Straßenbau in anderen Ländern bereits fortgeschrittener – wollte Kurt Lüer nun selbst „preisgünstige Straßenbauweisen [...] entwickeln, die die rückständigen Verkehrsverhältnisse auf den deutschen Landstraßen überwinden“ helfen sollten. Für sein Vorhaben konnte Lüer 1918 die Gesellschaft für Teerverwertung in Duisburg-Meiderich gewinnen, und gründete, gemeinsam mit Adolf Spilker, die Gesellschaft für Teerstraßenbau mbH Hannover,[3][4] deren Geschäftsführung er übernahm. Mit bescheidenen Mitteln entwickelte Lüer nun einen für den Straßenbau geeigneten Teer und die für dessen Verlegung zugehörigen Maschinen: „Nachdem er das Verhältnis von Bindemittelmenge und Hohlräumen im Gesteinsgerüst als wichtig für Güte und Lebensdauer hohlraumarmer Bitumen-Deckschichten erkannt hatte“, „stimmte er den Bindemittelzusatz und den Kornaufbau des Mineralgemischs [...] so aufeinander ab, daß in der Decke auch unter Belastung noch genügend viele Hohlräume verblieben.“[3] Durch die Entwicklung neuer Teere und neuer Einbauverfahren erfand Lüer so schließlich die Teersand-Verschleißschicht für den Straßenbau.[1]

Noch im Jahr der Gründung der Studiengesellschaft für Automobilstraßenbau 1924 trat Kurt Lüer der Gesellschaft bei und bildete im Folgejahr in ihr die Arbeitsausschüsse Teerstraßen und Straßenmaschinen.[3]

Kurt Lüer starb in Sigmaringen wenige Monate nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges.[1]

Schriften

  • Zur Entwickelungsgeschichte des Teerstraßenbaues in Deutschland. M. Boerner, Halle (Saale) 1931, DNB 574924094.

Ehrungen

  • 1935 wurde Kurt Lüer zum Ehrensenator der TH Breslau ernannt.[3]
  • 1963, anlässlich des 100sten Geburtstages von Kurt Lüer, gründete die spätere als Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen bezeichnete Organisation zur Förderung von Lösungen von Forschungsaufgaben die Lüer-Stiftung. Diese verleiht seitdem im unregelmäßigen Jahresrhythmus die Lüer-Nadel an verdiente Persönlichkeiten, „die hervorragende Arbeiten auf dem Gebiet des bituminösen Straßenbaues“ geleistet haben. Bis Ende 2018 erhielten 51 deutsche Persönlichkeiten und ein österreichischer Forscher die Nadel.[5][1][6][7]

Literatur

  • Hans Christoph Graf von Seherr-Thoß: Lüer, Kurt. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 15, Duncker & Humblot, Berlin 1987, ISBN 3-428-00196-6, S. 459 (Digitalisat).
  • Walther Killy, Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie. Bd. 6, S. 517.
  • Wolfgang-Hagen Hein, Holm-Dietmar Schwarz (Hrsg.): Deutsche Apotheker-Biographie. (Veröffentlichungen der Internationalen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie e.V., Bd. 46). Bd. II, Wissenschaftliche Verlags-Gesellschaft, Stuttgart 1978, ISBN 3-8047-0530-4, S. 196.
  • Dirk Böttcher: LÜER, (1) Kurt. In: Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 239 (Auszug bei Google-Bücher)
  • Dirk Böttcher: Lüer, (1) Kurt. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 416f.

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. a b c d e f g h Helmut Knocke: LÜER, (1) ...
  2. Vergleiche die Angaben unter der GND-Nummer der Deutschen Nationalbibliothek
  3. a b c d e f g h Hans Christoph Graf von Seherr-Thoß: Lüer, Kurt. (siehe Literatur)
  4. Anmerkung: Laut dem Hannoverschen Biographischen Lexikon erfolgte die Gründung der Gesellschaft für Teerstraßenbau in Essen
  5. Lüer-Stiftung (Ehrungen/Stiftungen). FGSV, 31. Januar 2020, abgerufen am 20. Februar 2020. 
  6. Anmerkung: Nach dem Hannoverschen Biographischen Lexikon lautet der Name der Stiftung abweichend Otto-Lüer-Stiftung, nach der FGSV jedoch Lüer-Stiftung
  7. Michael Rohleder (Geschäftsführer): Lüer-Stiftung (siehe unter dem Abschnitt Weblinks)
Normdaten (Person): GND: 126749280 (lobid, OGND, AKS) | VIAF: 20684297 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Lüer, Kurt
ALTERNATIVNAMEN Lüer, Kurt Friedrich Georg (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG deutscher Apotheker, Straßenbauer, Teer-Chemiker und Erfinder
GEBURTSDATUM 1. April 1863
GEBURTSORT Bruchhausen bei Hoya
STERBEDATUM 12. März 1946
STERBEORT Sigmaringen