Transitraststätte

Autobahnraststätte Wilsdruff im Bezirk Dresden, 1973

Transitraststätten waren Rastanlagen in der DDR, die an Transitstrecken (Fernverkehrsstraßen und Autobahnen) zwischen der damaligen Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin sowie ins benachbarte Ausland (Polen, Tschechoslowakei, Ostseeanrainerstaaten per Fähre) lagen. Sie durften von Transitreisenden, die mit Kraftfahrzeugen, einschließlich Motorrädern, unterwegs waren, zur Pause und zum Tanken benutzt werden. Kontaktaufnahme mit Bewohnern der DDR waren an den Raststätten seitens der Behörden der DDR nicht erwünscht.[1] Aus diesem Grund wurden für Busse im Transitverkehr zwischen Westdeutschland und West-Berlin separate Parkplätze angelegt, zu denen die übrigen Benutzer der Autobahn keinen Zutritt hatten.[2][3]

Alltag

Fahrtpause an einer Transitraststätte in der DDR, 1987

An den Transitraststätten gab es Mitropa-Gaststätten, Intershops und Intertank-Tankstellen, an denen Westdeutsche mit D-Mark bezahlen konnten,[4] Ausländer in ihrer Landeswährung.[5] Die Aufenthalte sollten zügig vonstattengehen, längere Aufenthalte mussten belegt werden. Um die Kontaktaufnahme zwischen Transitreisenden und Bewohnern der DDR einzuschränken, Verbreitung von westlichen Druckerzeugnissen und auch die Flucht aus der DDR zu verhindern, wurden die Transitraststätten von Mitarbeitern des MfS persönlich und mit Kameras überwacht, gegebenenfalls wurde eingeschritten. Die Transitraststätten stellten mitunter Areale dar, welche im Gegensatz zur gesellschaftlichen Ausrichtung der DDR standen, es entwickelte sich teilweise ein abgegrenztes Eigenleben, z. B. war die Nutzung von Intershops manchmal nur für Transitreisende erlaubt.[6]

Im Jahr 1988 wurden zwei neue Zusatzzeichen in den Verkehrszeichenkatalog der DDR aufgenommen. Diese sollten Westtouristen zusätzlich auf Möglichkeiten aufmerksam machen, in Devisen zu zahlen.

  • Bild 486 Intertank
    Bild 486
    Intertank
  • Bild 487 Intershop
    Bild 487
    Intershop

Intertank

In der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre bot Intertank folgende Kraftstoffe an rot-gelben Zapfsäulen gegen Mark der DDR an:

  • Normal Gemisch (88 Oktan)
  • Normal ohne Öl (88 Oktan)
  • Extra (94 Oktan)
  • DK (Dieselkraftstoff)

An grün-weißen Zapfsäulen wurden in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre gegen bundesdeutsche DM verkauft:

  • Spezial (91 Oktan)
  • Super (98 Oktan)
  • Diesel (mit zusätzlichen Additiven)

ab ca.1986, vor allem an Autobahnen und den Transitstraße nach West-Berlin[7] zusätzlich:

  • Spezial bleifrei (91 Oktan)
  • Super bleifrei (95 Oktan)

Auflistung

Liste der Intertank-Stationen bzw. Rastanlagen an den Transitstrecken[8][9][7][10]
Ort/Bezeichnung Transitstrecke Anmerkungen
Adorf (Vogtland) Fernverkehrsstraße F 92
Bautzen Fernverkehrsstraße F 6⁠FS
Bergen auf Rügen Fernverkehrsstraße F 96⁠FS
Boizenburg Fernverkehrsstraße F 5⁠FS an der damaligen Transitstrecke vor Verlagerung des Transitverkehrs auf die neue Autobahn Berlin–Hamburg,⁠A9 vergleiche Geschichte der Bundesstraße 5
Dallgow Fernverkehrsstraße F 5
Dresden Fernverkehrsstraße F 172
Dippoldiswalde Fernverkehrsstraße F 170⁠FS
Eichelborn Autobahn Eisenach–Dresden⁠A1 bei Erfurt
Finowfurt Autobahn Berlin-Stettin
Freienhufen Autobahn Berlin-Dresden
Friesack Fernverkehrsstraße F 5
Fürstenberg Fernverkehrsstraße F 96⁠FS
Fürstenwalde Autobahn Berlin–Frankfurt/Oder⁠A2
Görlitz Fernverkehrsstraße F 6⁠FS
Hermsdorfer Kreuz Autobahn Berlin–Nürnberg⁠A3
Köckern Autobahn Berlin–Nürnberg⁠A3
Könnern Fernverkehrsstraße F 6
Löbau Fernverkehrsstraße F 6
Lübbenau Autobahn Berlin–Cottbus⁠A5
Magdeburg Fernverkehrsstraße F 71⁠FS
Magdeburger Börde (bei Hohenwarsleben) Autobahn Berlin–Hannover⁠A4 befand sich bis 1998 an einem unvollendeten Autobahndreieck, das in den 1930er-Jahren als Abzweigung zu der heutigen Autobahn Magdeburg–Halle/Leipzig begonnen worden war[11] unweit von Magdeburg, Neubau einige Kilometer westlich
Meerane Autobahn Eisenach–Dresden⁠A1
Michendorf Autobahn Berliner Ring⁠A6
Nauen Fernverkehrsstraße F 5
Neubrandenburg Fernverkehrsstraße F 104⁠FS
Neubukow Fernverkehrsstraße F 105⁠FS
Neustrelitz Fernverkehrsstraße F 96⁠FS
Niemegk Autobahn Berlin–Nürnberg⁠A3
Oranienburg Fernverkehrsstraße F 96
Osterfeld Autobahn Berlin–Nürnberg⁠A3
Perleberg-Quitzow Fernverkehrsstraße F 5⁠FS an der damaligen Transitstrecke vor Verlagerung des Transitverkehrs auf die neue Autobahn Berlin–Hamburg,⁠A9 vergleiche Geschichte der Bundesstraße 5
Plauen Fernverkehrsstraße F 92
Pomellen Autobahn Berlin–Stettin⁠A7
Prenzlau Fernverkehrsstraße F 198⁠FS
Rangsdorf Autobahn Berliner Ring⁠A6
Rathmannsdorf Fernverkehrsstraße F 172⁠FS bei Bad Schandau
Rodaborn Autobahn Berlin–Nürnberg⁠A3 älteste Autobahnraststätte in Deutschland[12]
Röhrsdorf Autobahn Eisenach–Dresden⁠A1 bei Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz)
Rostock Fernverkehrsstraße F 103
Rostock Fernverkehrsstraße F 105⁠FS
Rüdersdorf Autobahn Berliner Ring⁠A6
Saßnitz (Rügen) Fernverkehrsstraße F 96⁠FS
Stolpe Autobahn Berlin–Hamburg⁠A9
Stralsund Fernverkehrsstraße F 105⁠FS
Teterow Fernverkehrsstraße F 108⁠FS
Usadel Fernverkehrsstraße F 96 Motel[13]
Vogelsdorf Berliner Ring bis Ende der 1970er Jahre, nur einseitig
Walsleben Autobahn Berlin–Hamburg⁠A9
Werbellinsee (Finowfurt) Autobahn Berlin–Stettin⁠A7
Wilsdruff Autobahn Eisenach–Dresden⁠A1
Wismar Fernverkehrsstraße F 105⁠FS
Ziesar Autobahn Berlin–Hannover⁠A4
Zwickau Autobahn Karl-Marx-Stadt–Plauen⁠A8

Heutige Bezeichnungen:

A1 
Heute Teil der A 4.
A2 
Heute A 12.
A3 
Heute Teil der A 9.
A4 
Heute Teil der A 2.
A5 
Heute Teil der A 13.
A6 
Heute A 10.
A7 
Heute A 11.
A8 
Heute Teil der A 72.
A9 
Die als Autobahn Berlin–Hamburg bezeichnete Relation ist heute mehreren Autobahnen zugeordnet: Teil der A 111 mit der Raststätte Stolpe, kurzes Stück des Berliner Rings, A 24 mit der Raststätte Walsleben.
FS 
Den Fernverkehrsstraßen entsprechen die Bundesstraßen mit derselben Nummer: B 5, B 6, B 71, B 96, B 104, B 105, B 108, B 170, B 172, B 198.

Einzelnachweise

  1. Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen (Hrsg.): 77 praktische Tipps für Besuche in der DDR und aus der DDR und für andere Kontakte hier und dort. 3., aktualisierte Auflage. Dezember 1983
  2. "Geschichte der Autobahnpolizei Hermsdorf", vierter Absatz
  3. Merkblatt des Bundesministeriums für innerdeutsche Beziehungen für Transitreisende, abgebildet auf grenzerinnerungen.de
  4. Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen (Hrsg.): 77 praktische Tipps für Besuche in der DDR und aus der DDR und für andere Kontakte hier und dort. 3., aktualisierte Auflage. Dezember 1983, S. 31.
  5. Haack Kleiner Atlas: Deutsche Demokratische Republik: Verkehr. VEB Hermann Haack, Geographisch-Kartographische Anstalt Gotha/Leipzig. 5. Auflage, 1979, S. 13.
  6. Damals in der DDR: Alltag auf der Transitraststätte. MDR Fernsehen
  7. a b Reisekarte DDR. (Laufzeit 1985–87) Meirs Geographischer Verlag
  8. Haack Kleiner Atlas: Deutsche Demokratische Republik: Verkehr. VEB Hermann Haack, Geographisch-Kartographische Anstalt Gotha/Leipzig. 5. Auflage, 1979
  9. Der große V.A.G-Atlas 89/90. RV Reise- und Verkehrsverlag
  10. Haack, Tankstellenkatre der DDR 1988
  11. Rasthof Magdeburger Börde. In: Reichsautobahn.de. Abgerufen am 22. Januar 2017. 
  12. Lasse Hinrichs: Rodaborn (A9). In: Spiegel Online. 12. Juni 2009, abgerufen am 22. Januar 2017. 
  13. motel-usadel.de